Weil die Landesregierung die Finanzierung der Querschnittsarbeit von Betreuungsvereinen nicht rechtzeitig geregelt hat, stellt der erste Betreuungsverein diesen Teil seiner Arbeit von dieser Woche an ein. Weitere Vereine könnten folgen. Laut Gesetz ist das Land seit Anfang des Jahres in der Verantwortung, die seit Jahren unterfinanzierte Querschnittsarbeit der Betreuungsvereine auskömmlich zu finanzieren. Die von der Landesregierung in Aussicht gestellte Auszahlung zusätzlicher Mittel für 2023 blieb aber bis heute aus.
„Wir sind seit Januar in Vorleistung gegangen und haben unsere Arbeit gemacht, jetzt ist das Geld alle“, sagt der Geschäftsführer des Betreuungsvereins „Sozial betreute Hilfen e.V.“, Paul Weier, in Grimmen. 6.000 Euro zahlt das Land bislang einmalig im Jahr für seinen Betreuungsverein. Das sei Ende April angekommen, aber bereits vorher aufgebraucht gewesen. „Das Geld reicht hinten und vorne nicht, um unsere Ehrenamtlichen fit zu machen für die Betreuung der Menschen“, so Weier. Er sorgt sich um die vom Land versprochene Aufstockung und fürchtet, dass es nur Lippenbekenntnisse sein könnten: „Nach Aussage des Sozialministeriums kann das Geld erst im vierten Quartal ausgezahlt werden. Die Höhe ist jedoch völlig unklar. So lange können wir unsere Tätigkeit nicht vorfinanzieren“, sagt Paul Weier. „Es tut uns wirklich sehr leid. Wir finden es auch nicht schön, Ratsuchende in einer solchen Situation wegschicken zu müssen.“
Auch der Betreuungsverein „St. Franziskus“ in Güstrow wird vom 6. Juni an die Querschnittsarbeit für ehrenamtliche Betreuer sowie für Ratsuchende im Bereich der Betreuungsvorsorge (Betreuungsverfügung, Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung) aussetzen. „Wir werden nur noch unabwendbare Notfälle nach telefonischer Absprache beraten“, sagt Norbert Lehner vom Betreuungsverein. „Wegen der unsicheren Finanzierungslage wissen wir auch nicht, ob wir den Kurs zur Schulung ehrenamtlicher Betreuer in der zweiten Jahreshälfte durchführen können“, bedauert er.
Bereits im Sommer 2021 hatte die Bundesregierung das Vormundschafts- und Betreuungsrecht reformiert. Seit dem 1. Januar 2023 ist das Gesetz in Kraft. „Wir können es uns nicht leisten, dass die Betreuungsvereine in MV jetzt nach und nach dicht machen“, sagt der Vorsitzende der LIGA der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege in MV, Bernd Tünker. Unter dem Dach der LIGA sind die meisten Betreuungsvereine im Land organisiert. Die LIGA sehe die Bemühungen der Landesregierung und begrüße ihren Willen, die Betreuungsvereine finanziell besser auszustatten. „Wir unterstützen eine Evaluation, die die Bedarfe der Betreuungsvereine deutlich macht und steuern dazu gern unsere Expertise bei“, so Tünker. „Was wir jetzt brauchen, ist eine schnellstmögliche Abstimmung zu Verfahrensfragen, die offenbar noch zwischen Sozial- und Finanzministerium zu klären sind.“ Die LIGA appelliert an die Landesregierung, zeitnah die angekündigten Mittel für die Arbeit der Betreuungsvereine auf den Weg zu bringen, damit sie ihre vom Gesetz vorgesehenen Aufgaben auch erfüllen können.
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