Nach fünf Jahren Verhandlungsmarathon: Immer noch keine flächendeckende Frühförderung für Kinder mit Behinderungen

01.06.2022

Wohlfahrtsverbände appellieren an Land und Kommunen, Streit nicht auf dem Rücken der Kinder auszutragen

Kinder mit Behinderungen oder Entwicklungsverzögerung haben Anspruch auf interdisziplinäre Frühförderung. Doch nach mehr als 30 Verhandlungsterminen in den vergangenen fünf Jahren für eine Landesrahmenvereinbarung fehlen nach wie vor Unterschriften unter dem Vertragswerk, die diese Unterstützung für viele Kinder erst möglich machen würden, kritisieren die Wohlfahrtsverbände.

„Die Folgen der fehlenden Vereinbarung sind schwerwiegend, denn Zeiten ohne Frühförderung sind für betroffene Kinder nicht nachholbar“, kritisiert Bernd Tünker, Vorsitzender der LIGA der Spitzenverbände, in der die Wohlfahrtsverbände des Landes zusammengeschlossen sind. Anlässlich des Internationalen Kindertages appelliert Tünker an Land und Kommunen, die besonderen Bedürfnisse der Kinder und ihr Recht auf diese Förderung zu beachten und ihren Streit nicht auf dem Rücken der Kinder auszutragen.

Bisher gibt es in Mecklenburg-Vorpommern landesweit nur sieben und damit viel zu wenige Stellen, die Familien mit Kindern dieses Angebot einer Komplexleistung Frühförderung machen können. Insbesondere auf dem Land fehle es an Angeboten. „Dabei wissen wir aus der Praxis, dass die Förderung von Kompetenzen im Kindesalter für den weiteren Entwicklungsweg entscheidend ist“, sagt Tünker.

Zur Verzögerung bei der Vertragsunterzeichnung war es gekommen, nachdem zuerst die Kommunen aufgrund der Kostenverteilung Klage gegen das Land eingereicht hatten, mit dem Ergebnis, dass die Kosten neu aufgeteilt werden mussten. Die Städte Schwerin und Rostock haben eine Unterschrift bislang verweigert. Auch sie führen ein Klageverfahren aus demselben Grund. Daher erscheint eine baldige Einigung immer noch fraglich.

Die sogenannte Komplexleistung Frühförderung steht Kindern mit Entwicklungsverzögerung oder Beeinträchtigung von Geburt an bis zum Schuleintritt laut Bundesgesetz zu. Diese Form der Frühförderung setzt sich auf Grundlage eines Behandlungsplans aus verschiedenen medizinischen und therapeutischen Leistungen zusammen, die zugunsten des Kindes an einem Ort durchgeführt werden: Für medizinische Diagnostik, heilpädagogische und therapeutische Maßnahmen oder Beratungsangebote.

„Die Gesetzeslage würde es zulassen, dass das Land die Rahmenbedingungen per Rechtsverordnung umsetzt. Gäbe es Rechtssicherheit, könnten Träger mit ihren Angeboten endlich an den Start gehen und die Kinder bedarfsgerecht versorgen“, so Tünker. Wenn das Land den Klageweg nicht durch eine zustimmungsfähige Landesrahmenvereinbarung abwendet, rechnen die Wohlfahrtsverbände mit einer Verzögerung um weitere Jahre, ausgetragen auf dem Rücken der Kinder und Ihrer Eltern.

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Christian Wolkenstein

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